Quöllfrisch unterwegs im Val Lumnezia
Am 21. Juli 2020 also sollte es erst am Abend gewittern. Aber es regnete schon zwischendrin. Immer noch zuwenig, um die trockene Erde wirklich nachhaltig zu tränken.
Bevor ich losfahre, treffe ich noch auf Flurins Eltern, die aufgrund des aufziehenden Regens beschlossen haben, statt zu heuend as noch nicht ganz ausgetrocknete Emd einzufahren. Die diesjährige Heuete sei so gut gelaufen, dass es das oben drauf schon vertrage.
Feld 7: Curdin Capeder, Cumbel (Degen)




Feld 8: Lucas Derungs, Vignogn
Hier beginnt der Regen, der vielmehr ein kurzes, oberflächliches Besprühen der Erdenhaut ist. Gut auch für den Teint meines Gesichts. Ich warte beim Schopf, bis der Himmel nur noch ein wenig tröpfelt. Und schon drückt auch die Sonne wieder über den Wolken, wo die Freiheit wohl grenzenlos sein muss.







Feld 9: Renzo Blumenthal, Vella
https://www.renzoblumenthal.ch/index.html




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Strandung in der Pauraria statt im Hotel
Eigentlich wollte ich noch in Renzos Laden vorbeischauen. Aber irgendwie zog die Schwerkraft und natürlich spielte auch der möglicherweise zurückkehrende Regen eine Rolle. Jedenfalls spürte ich längst den Gegenwind des Downhills gen Ilanz zu, als es mir wieder einfiel. Also in Ilanz Maske auf und Quölli in die Rhätische Bahn gehievt. Ilanz – Zernez, eine halbe Weltreise. Runter über Chur nach Landquart und dort rein ins Engadin. Fast drei Stunden Fahrt.

Nach dem Veraina-Tunnel steige ich in Susch wieder in den Sattel, um frei atmend maskenlose Frischluft zu tanken. Kurz vor Zernez biege ich bei drei der im Bünderland so beliebten Fahnen auf einen Teerplatz ein. Irrtümlicherweise dachte ich aufgrund der mittleren Fahne, ich sei am Ziel. Aber es kam mir schon sehr gspässig vor, ganz ehrlich. Das Ganze war ein Bauernhof, weniger ein Hotel. Nicht wie im Internet. Aber der Name auf der mittleren Fahne lautete: Post & Baer.

Alles offen. Auf dem Platz eine Art Jeep in Schweizerischem Rotweiss. Daneben eine alte Nähmaschine zum Trocken. Und ein neueres Alltagsgeländemobil. Im Internet sah das alles doch ganz anders aus. Türe offen, also mal vorsichtig reingerufen: «Hallo! Ist da jemand?» Null Reaktion. Irgendwo läuft ein Fernseher. Ist mehr Wohnung denn Hotel. Überall Jadgdfotos, eines mit kapitalem Steinbock. Hinten am Gang ein Hotelzimmer mit Dusche, bezugsbereit. Hm, ist wohl mein Zimmer, ich der einzige Gast. Irgendwie könnte es aber auch sein, dass plötzlich jemand mit einer Flinte hinter dir steht und sagt: «Hände hoch, ganz langsam umdrehen. Was wollen Sie hier?»

Hinter dem Haus treffe ich auf Fritz Patscheider, der gerade aus dem Garten kommt. Er zeigt sich verwirrt, dass ich hier übernachten will. Eigentlich liesse man hier nur Gäste übernachten, die man schon jahrelang kenne. Dann klärt sich alles: Das ist der zum Hotel Post & Baer gehörende Bauernhof, die Pauraria Chasuot, auf dem der Vater des Hotelbetreibers Christian Patscheider alte Autos und Töffs restauriert. Die sonst hier heimischen Angus-Rinder befinden sich auf der Alp. So sitzen wir denn unter der imposanten Wand zusammen auf dem Bänkli und Fritz erzählt wie er das Land hier gekauft und den Hof aufgebaut hat. Und sonst noch einige Räuberpistolen. Davon mehr am Tag 2 meiner Tour de Braugerste 2020. Ich hatte bis anhin jedenfalls noch nie davon gehört, dass Porsche auch Traktoren hergestellt hat. Man lernt nie aus.

Der Zufall wills, dass es im Hotel Baer & Post nicht nur Appenzeller Bier im Offenausschank gibt, sondern auch, dass Christian Patscheider ein Bio-Braugerstenfeld besitzt. Nach einer Stunde pedale ich weiter nach Zernez und beziehe mein Zimmer. Fürs Nachtessen muss ich mich gedulden: Zernez wird überrollt von Touristen und ich hatte wohl überhaupt ein Riesenglück, dass ich noch ein Zimmer gefunden habe. Am nächsten Tag werde ich also die hiesigen Braugerstenfelder aufsuchen.

