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The road to Chäserrugg: Eine Reise in die Landschaft des Jahres 2021

Auf beiden Seiten vom Säntis trinken die Menschen gerne Appenzeller Bier. Was sie sonst noch verbindet und wie sie sich unterscheiden, dem bin ich an einem sonnigen Wintertag nachgegangen.

Zehn Schritte habe ich gemacht, nachdem ich mein Haus verlassen habe, da klingelt das Telefon. «Bist du schon im Zug?» fragt MaLou. Auf mein «Nein» folgt ein «Steig nicht ein! Wir müssen verschieben!» Es ist ein stürmischer Morgen im Februar. Geplant war der Besuch auf dem Chäserrugg. Die Bahn fährt heute allerdings nicht wegen des Sturms. Beim zweiten Versuch, zwei Wochen später, klappt es. Es ist einmal mehr ein Traumtag, an dem MaLou und ich gemeinsam für die Brauerei unterwegs sind, um Gastropartner zu besuchen. Wir fahren los, durch malerische Appenzeller Dörfer, über die Schwägalp ins Toggenburg. Fast immer in Sichtweite und stets in der Nähe steht stolz und stoisch der Berg, der die beiden Regionen trennt und doch verbindet: «Unser» Säntis. Bei der Talstation der Iltios-Standseilbahn treffen wir Kurt Bösch, den Aussendienstmitarbeiter der Brauerei für die Region. Er begleitet uns an diesem Tag und liefert uns Einblicke in die Zusammenarbeit.

Kurt Bösch, seit 2011 Aussendienstmitarbeiter der Brauerei Locher und zuständig für die Regionen Toggenburg, Appenzeller Hinterland, Zürich-Obersee, Sarganser- und Glarnerland. In diesen Regionen ist er für den Verkauf zuständig, für die Pflege der bestehenden Gastro-Kundinnen und -Kunden sowie Neugewinnung von ebensolchen. Sein Motto für seine Tätigkeit: «Ich möchte allen meinen Kundinnen und Kunden in zehn Jahren in die Augen sehen können und sagen: Das haben wir gut gemacht!» Speziell an seinem Gebiet sei, dass alle Regionen ans Appenzellerland angrenzen und «sehr verwurzelt, traditionelle Regionen» seien.

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Kurt Bösch

Ein Gebäude als Gastgeberin

Mit der historischen Standseilbahn geht’s auf den Iltios, dort steigen wir um in eine Gondel und kommen auf dem Chäserrugg direkt im Gebäude an, in einem der vier Bauten von Herzog & de Meuron hier im Gebiet. Viele Fachpersonen und an Architektur interessierte Menschen kommen nur wegen diesem Bauwerk hierher, erfahre ich später. Wir verlassen also die Gondel, gehen durch einen Vorhang und…: Stehen im riesigen, hellen Hauptraum des Gipfelrestaurants. Die Wärme, die uns durchflutet, kommt nicht nur vom Feuer im Cheminée, sondern vom Raum selbst, vom verbauten, hellen Schweizer Holz, von den grossen Fenstern, die einen Ausblick auf die phänomenale Landschaft an diesem phänomenalen Tag bieten. Ich bin begeistert, fast überwältigt und komme sofort an an diesem Ort, fühle mich aufgehoben und willkommen. Das ist es also, was «Architektur erleben» bedeutet. Die Aussicht durch die Fenster wirkt wie ein gemaltes Bild. Es sind perfekte Sujets für «Framing», das Nutzen von natürlichen Rahmen für Fotos für Instagram und so. Deswegen – für schöne Fotos – sind wir unter anderem auch hier.

Kaiserwetter auf dem Kaiserrücken

David Schlumpf, seit 2015 Leiter der Gastronomie bei den Toggenburger Bergbahnen, führt uns durchs Gebäude, das mich mit seiner Raffiniertheit immer mehr in seinen Bann zieht. Er erklärt, dass der Name «Chäserrugg» überhaupt nichts mit Käse zu tun habe, auch wenn wir das aufgrund der starken Traditionsverbundenheit vielleicht vermuten könnten. «Chäserrugg» ist der «Kaiserrücken», «weil schon der Kaiser wusste, wo es schön ist». Der Rosenboden, die Hochebene, die sich nicht weit vom Restaurant befindet, lockt viele Spaziergänger an, man müsse auch nicht allzu sportlich sein, um hier zu laufen oder wandern, erklärt David. Er selbst ist es: Im Winter geht bzw. fährt er auch mal mit den Tourenskiern nach Hause (er wohnt und ist aufgewachsen in der Region). Im Sommer empfiehlt er die «Kaiserroute», d.h. alle 7 Churfirsten an einem Tag. Ca. 11-12 Stunden brauche man dazu.

Seine Liebe und Verbundenheit zur Region ist durchgängig spürbar und führt zu dem brillanten Satz: «Das Toggenburg ist nicht stehengeblieben, wie alle sagen, wir haben einfach Sorge gegeben.» Die Stiftung Landschaftsschutz Schweiz hat der Landschaft um den Chäserrugg die Auszeichnung «Landschaft des Jahres 2021» verliehen, für die «behutsame Erneuerung in einer hochsensiblen Landschaft» und einen «nachhaltigen Umgang mit der Landschaft».

David Schlumpf führt die vier Gastronomie Betriebe der Toggenburg Bergbahnen mit der Leidenschaft eines «Hiesigen» und der Offenheit, die eine solide Ausbildung in der Gastroszene mit sich bringt. Zwischen den beiden Regionen Appenzellerland und Toggenburg sieht er viel Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede.

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Gemeinsam unterschiedlich

In einer der ruhigen Nischen wird uns ein Mittagessen serviert, das rein gar nichts mehr mit der fettigen Portion «SchniPo» zu tun hat, die ich als Kind beim Skifahren verspeist habe. Gekocht wird mit lokalen & saisonalen Zutaten, sowohl die Fleisch- als auch die vegetarische Auswahl überzeugt uns alle drei.  Beim Kaffee diskutieren wir zu viert (mit David) darüber, wo sich die Regionen unterscheiden, ausgelöst durch Davids Satz: «Das Toggenburg ist nicht vergleichbar mit dem Appenzellerland.» Auf meine Nachfrage, was denn anders seit, setzt ein Moment des Überlegens ein. Zur Erhellung:  Am Tisch sitzen eine Innerrhoderin, eine Ausserrhoderin und zwei Toggenburger. Während des ganzen Tages sprechen und diskutieren wir sehr viel. Wir verstehen uns, wenn wir von einer schützenswerten Landschaft sprechen, von Gästen und Einheimischen, deren Bedürfnisse manchmal schwierig vereinbar sind. Von Brauchtum, Traditionen und Moderne, die aufeinandertreffen. Wir verstehen uns, wenn wir über eine tiefe Verbundenheit mit ebendieser schützenswerten Landschaft lamentieren, über den «naturnahen, geerdeten und etwas eigensinnigen, fast sturen Appenzeller bzw. Toggenburger» (der Generalisierung und der Ausnahmen sind wir uns durchaus bewusst). Wir verstehen uns also bei vielen Themen und mich beschleicht der Eindruck, dass «die Toggenburger» und «die Appenzeller» vielleicht gar nicht so unterschiedlich sind, vielleicht sind sie sich sogar sehr ähnlich, zu ähnlich. Wie Geschwister, unter denen gibt es meistens auch kleine «Rivalitäten». Ist es denn nicht so, dass man am liebsten gegen diejenigen stichelt, die einem sehr ähnlich sind? Um sich abgrenzen zu können? Um nicht ganz gleich zu erschienen? Weil sie es vertragen und es nicht allzu ernst nehmen? Nun denn, dies ist kein Philosophie-Blog, sondern ein Bier-Blog. Und da sind wir bei DEM verbindenden Element, das seinen Weg über den Säntis und hoch auf den Chäserrugg gefunden hat: Das Appenzeller Bier.

Verbindet nicht nur auf dem Chäserrugg: Appenzeller Bier

Ehrlich und bodenständig: Ein Bier muss zu den Leuten passen

Sowohl Kurt als auch David sehen viele Gründe, warum hier, quasi in «fremdem» Bier-Gebiet, Appenzeller Bier die passende Marke ist. «Die Bergler mögen ein bodenständiges, ehrliches Bier», so Kurt. Der Aussendienstler steht «zu 110%» hinter der Firma und ist ein grosser Fan von Karl Locher und seiner Philosophie: «Er ist ein Visionär, schaut weit voraus.» Und dann spannt er den Bogen zu unserem heutigen Gastgeber: Die Toggenburger Bergbahnen sind ISO-zertifiziert nachhaltig, dementsprechend gibt es einen starken Bezug zur Brauerei Locher, die seit Jahren ressourcenschonend produziert und immer neue Wege findet, den Kreislauf zu schliessen. David ergänzt: «Die Natur ist unser Kapital, dem müssen wir Sorge geben.» Ein Satz, den ich sinngemäss schon oft von Karl Locher gehört habe. Zwei Firmen, deren Werte sich decken.

Das meistausgeschenkte Appenzeller Bier ist auch bei den Toggenburger Bergbahnen – Überraschung! – das Quöllfrisch hell. Aber auch die alkoholfreien Biere seien beliebt, vor allem bei Sportlerinnen und Sportlern, erklärt David.

Nachdem wir die Biere im Schnee in Szene gesetzt haben, halten wir noch kurz inne und die Nase in die Sonne, bevor wir uns auf den Weg ins Tal machen, um dem Depositär Alpiger Getränke ebenfalls einen Besuch abzustatten. Er ist die «Zwischenstation» zwischen der Brauerei und dem Gastrobetrieb und sorgt dafür, dass auf dem Chäserrugg immer genügend Appenzeller Bier vorhanden ist.

Gipfelgebäude von Herzog & de Meuron auf dem Berg, eines von vier Bauten im Chäserrugg-Gebiet

Zurück im Trubel

Wie ruhig es oben auf dem Chäserrugg war, wird uns dann so richtig bewusst, als wir an der Zwischenstation umsteigen und dort vom Gewusel und den Geräuschen von anderen Menschen umgeben werden. Auch auf dem Chäserrugg hatte es an diesem Traumtag selbstverständlich andere Menschen und das nicht zu knapp. Allerdings strahlte der Ort eine grosse Ruhe aus, die sich auf uns übertragen hat. Auch auf unsere Augen: Unten auf dem Parkplatz mit den schrillen Werbeplakaten fällt mir auf, dass im Skigebiet oben keine solchen gehangen haben.

Hier geht es zum Portrait «Gastropartner Toggenburg»

Zum Abschluss haben wir dann doch noch ein Selfie gemacht: Kurt, Marie-Louise, Michaela

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