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Proscht Holzöpfel & Zipfelchappe!

Quöllfrisch unterwegs von Graubünden nach Zürich

«Was wir sind, das werdet Ihr. Was Ihr seid, das waren wir!»

Ich schulde euch noch den Abschluss meines ersten Höllentrips als Quöllfrisch unterwegs-Blogger ins irdische Paradies der Bündner Braugerstenbauern. Irgendwie musste ich ja wieder zurück nach Zürich.

Wie ihr wisst, begann die erste Reise für diesen Blog letzten Sommer mit Flüchen. Die hängen wahrscheinlich jetzt noch wie Christbaumschmuck in den Hochstammkronen am Hang bei Altstätten SG. Flüche sind übrigens nur, was mit Kirche und Glauben zusammenhängt, gell. Das erklärte mir einst der Häädler Pfarrer. Er fand, ich sollte doch nicht Lehrer werden wie meine viel vernünftigere und gescheitere ältere Schwester. Nett, gell? Nach seiner Fluch-Theorie wäre also beispielsweise ein Hueresiech! nicht geflucht. Denn die Huere und der Siech sind durch und durch von dieser Welt. Na, egal. 

Das Gebeinehaus der Kirche St. Peter Mistail mit der mahnenden Weisheitstafel: «Was wir sind, das werdet Ihr. Was Ihr seid, das waren wir!»

Tja, Bikers Wege sind unergründlich

Jedenfalls sollte die Heimreise möglichst entspannt, entschleunigt und unasphaltiert vonstatten gehen. Aber no Downhill-Cross-und-Quer. Keine Schlötterlige, ob nun weltlich oder geflucht geflucht. Denn ich war ja nun um Jahrzehnte weiser und reifer als bei der jungfräulichen Hinreise. Statt also rechtzeitig die Bahn zu nehmen, wollte ich mindestens bis Chur auf dem Quöllfrisch-Flyer velölen. Es kam natürlich, wie es kommen musste: Fast hätte mich der verflucht-verflixte Anhänger –gefüllt mit Gran Alpin-Produkten, Alpkäse von Gian Devonas, einem urzeitlich untauglichen Batterieziegel und meinen Reisesachen – hinuntergerissen ins reissende Milchwasser des Rheins. Glück gha! Aber davon später.

Tiefencastel-Chur: Nur retour gehts weiter.
Da erste Anzeichen für nicht barrierefreie Heimfahrt: der oberste Wegweiser.

Ich wollte ja nur Velowege ohne Cross-Schwierigkeiten benutzen, gell. Kurz nach Tiefencastel schickt mich ein oranges Umleitungsschild auf dem Velowegweiser gnadenlos genau auf solch einen Abweg. 

Macht Spass mit Anhänger: Die Umleitung.

Und siehe: Plötzlich stehe ich inmitten von wunderlichen Hühnern und Gänsen. Wie im Märchen. alp im Glück! Wenn nur kein Wolf kommt.

Da ist auch eine verwunschene Kirche mit alten Fresken. Daneben ein Wohnhaus. In dem wohnt wohl die gute Seele, die für die Blumen- und Getreide-Dekoration im Kircheninnern besorgt ist. Und die den verwunschenen Garten pflegt und das glückliche Federvieh.

Es ist die wunderbare, mit karolingischen Fresken bemalte Kirche des ehemaligen Frauenklosters St. Peter Mistail. Die Vorgeschichte geht wohl bis auf das 6. Jahrhundert zurück. Auf der Rückseite das Gebeinehaus und eine Statue des Heiligen Niklaus von der Flüe.

Ich fahre mit seinem Segen weiter. Vermeintlich auf idyllischem Weg gen Züri zue, muss ich schon bald wieder durch einen Tunnel und verfluche jedes Auto, das gleichzeitig durch dieses hohle Loch kommen muss.

Vor einem weiteren Tunnel verbietet mir ein Schild durchzufahren. Gesegnet sei das Verbotsschild! Auf angenehmen Nebenstrassen gehts nach Thusis. Es muss doch einen Weg am Rhein geben. Der Beginn ist vielversprechend, dann gehts immer steiler runter. Aber dann: Am milchigen Gletschermilchwasser angelangt, stellt sich vor einer drastischen Veloabsturzwarnung die Frage: Da hoch oder zurück, ebenfalls hoch.

Aus, Amen, vorwärts gehts!

Frohe Aussichten für den bald nudelfertigen Quöllfrisch-Biker mit Anhänger – in umgekehrter Richtung vorwärts kriechend, schleppend, ächzend, stöhnend und wetternd.

An Fahren ist nicht zu denken. Der Anhänger will die ganze Zeit gegen den reissen Fluss hin abstürzen. Vor einer riesigen Wurzel auf dem schmalen Pfad mit seitlichen Erdabrissen geschiehts: Der ganze Kasumpel rutscht runter und zieht Bike und mich fast mit. Ich kann mich retten, aber nur unter Einsatz all meiner Kräfte.

Da hatte ich den Grümpel endlich mit Müh und Not wieder hochgezogen; aber ein Ende der Tortour (!) war noch nicht in Sicht.
Heile Welt, ich umarme dich!

Oben am Ende des Wegs werfe ich mich erschöpft auf den Boden und betrachte durch die Bäume den Himmel. Durchschnaufen. Die Entscheidung: Zug. Am Bahnhof Rhäzuns werfe ich zwei Stutz fünfzig für ein Rhäzunser in den Automat, der das Geld schluckt und mich armen Schlucker wie der letzte Depp stehen lässt. Da bemerke ich die fehlende Kamera. Ich Volltubel! Also wieder in den Sattel, retour bis zu meiner Erholungsstätte.

Nobody home.

Dort liegen Appenzeller Bier-Käppi und Kamera noch genauso da, wie ich sie zurückgelassen habe. Glück sei Dank. Nun gehts flott bis Chur. Bike verladen in mit Velos, Kinderwagen, Rucksäcken und Menschen zumehmend überfülltem Velowagen.

Das war am Ende erst der Anfang der Velowagen-Füllung; von allem kam noch mehr dazu. Der Anhänger steht neben Velo und Bildrand in der Ecke

Ungemütlich, aber erleichtert schaffe ich es nach Zürich. Bin jetzt noch fix & foxi, wenn ich daran denke. Das Appenzeller Bier in der Kulturbeiz el Lokal habe ich mir heute aber schwer und redlich verdient. Es mundet umso besser und erfrischender. Und ich schwöre bei allen Biergöttern hoch, heilig und forever: Quöllfrisch unterwegs wird nie mehr mit Anhänger(n) liebäugeln. Dafür hoffentlich mit hunderttausenden von purlimunteren Followern, Subscribern und Likern. Proscht Holzöpfel und Zipfelchappe!

Demnächst: Quöllfrisch unterwegs bei Brigitte und Markus Reutimann von der Stammheimer Hopfentropfen GmbH.

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