Quöllfrisch unterwegs bei Hopfentropfen in Unterstammheim
Die Stammheimer Hopfentropfen GmbH baut nicht nur Hopfen an, sondern stellt damit erstaunlich viele verschiedene, lustige, gesunde, wohltuende und sackgute Sachen an. Zum Zmittag bei Brigitte und Markus Reutimann.
Also mal ehrlich: Von Hopfen habe ich eigentlich keine Ahnung. Bis eben auf den Spruch des Volkmunds «Bei dir ist Hopfen und Malz verloren». Ich erkenne die hohen grünen, an Pfosten bzw. Drähten hochwachsenden Hopfenpflanzen. Und weiss natürlich, dass Hopfen einfach zum Bier gehört. Aber sonst? Da weiss ich mal wieder, dass ich wenigstens weiss, dass ich nichts weiss. So mache ich mich denn am Freitag, 9. März 2018, voller Neugier auf, um fröhlich radelnd den Frühling mit einem Besuch bei der Hopfentropfen GmbH in Unterstammheim einzuläuten. Trotz bedecktem Himmel. «Komm doch grad zum Zmittag, dann haben wir Zeit zu plaudern», lädt mich Brigitte Reutimann ein. Ok., gebongt.

Mit dem Zug nach Winterthur, wo ich mich flott in den Sattel schwinge. Die Gefahr, auf Abwege zu geraten, wird mit dem braven und aufmerksamen Folgen der beschilderten Radtour 45 gebannt. In umgekehrter Richtung erscheint diese im Internet als «Wyland – Downtown, was mir wiederum schon etwas gar nach amerika-schreierisch vorkommt. Von Downtown Winterthur komm ich, der Schmalspur-Easy Rider, also her und gümmele mit E-Power-Unterstützung gen Stein am Rhein. Hier habe ich mein erstes Lebensjahr verbracht habe. Aber daran erinnere ich mich nicht mehr.

Am Himmel kreisen wunderschön zahlreiche Raubvögel. Habe ich immer bewundert, dieses elegante Schweben. Scheinbar ziel- und lautlos. Zeitlos. Und dass es so viele gibt, wirkt beruhigend angesichts der pausenlos tickenden Zeitbombenmeldungen bezüglich Artenvielfalt. Zwischen den Erdschollen der vielen gepflügten Äcker tummeln sich rabenschwarz die klugen Krähenvögel. Lustig, wie sie rumhüpfen. Für mich sind und bleiben sie Boten der Götter, nicht Boten des Todes. Die Vegetation scheint bereit zu explodieren, sobald die Sonne mit der nötigen Power lacht. Im Moment aber macht Mutter Erde in ihrem Outfit aus braunem Gras und kahlen Bäumen eher auf hässliches kleines Entlein.

Zwei Beizen entdecke ich unterwegs, die Appenzeller Bier ausschenken. A propos: Das grüne Quöllfrisch hopfig herb mag ich, also weiss ich doch etwas über Hopfen: Er schmeckt bitter. Die Fahrt verläuft ruhig, fast ohne Verkehr. Dann gerät mein runterhängender Schal in die Tretmühle und reisst mich fast vom Hocker. Zum Glück hatte ich ihn nicht um den Hals gewickelt; wobei das gerade der Grund war, dass er soweit runterhing. Wär eine Blick Hammer-Schlagzeile mit schalem Nachgeschmack: QUÖLLFRISCH-BLOGGER TOT – in voller Fahrt von eigenem Schal erdrosselt! Ja, sapperlot, grad noch mal gut gegangen! Wie so vieles im lebensgefährlichen Leben (davon wird der nächste letzte Schluck handeln).
In Ober- oder Niederneunforn halte ich zur Orientierung an der Hauptstrassen-Kreuzung, um meinen 45er-Wegweiser zu finden. Keine gute Idee: Unvermittelt stecke ich in einem ungemütlichen Rush von mehreren Lastwagen, die in alle Himmelsrichtungen vorbeikrachen. Als wäre irgendwo ein Schwarm von Killer-Brummis losgelassen worden. Einer kommt nicht mal in einem Zug um die Kurve und muss zweimal ansetzen, so schnell ist er drauflos gerasselt. Sehr ungemütlich. Unterwegs wie vom Affen gebissen. Da zählst du auf deinem Drahtesel nichts, schon gar nicht als vollwertiger Verkehrsteilnehmer. Und schon hupt hinter mir auch noch ein Lernfahrer-Tubeli. Stressometer aus heiterem Himmel kurz auf hunderachtzig, ohne Eigenverschulden. Kurz Durchatmen. Danach kehrt ebenso plötzlich wieder das Easy Rider-Feeling zurück. Nur das leichte Rauschen des Fahrtwindes und die Raubvögel am weiten Himmel. Kurz vor High Noon erreiche ich mein Ziel.

Es gibt Ofen-Fleischkäse, Nudeln, Sauce, überbackenen Fenchel und dreierlei Salat. Dazu hausgemachte Hopfenpesto, scharfen oder süssen Hopfensenf und natürlich frisch gezapftes Hopfenbräu. Da der 50-Liter-Braukessel nur grad fürs Bierseminar und fürs Schaubrauen gross genug ist, hat die Brauerei Locher die Herstellung des «Stammheimer Hopfenbräus» in den blauen Flaschen übernommen. Nach dem Mittagessen erklärt mir Markus Reutimann anhand einer Reihe Schautafeln den Hopfenanbau und zeigt mir die Räume auf dem Hof (s. demnächst Teil 2: Der Hopfentropfen-Hof).




Nach dem Schuhwechsel ziehen Vater und Sohn los, um den Hopfengarten fertig vorzubereiten. Er wurde vom letzten Sturm flachgelegt. Ich schaue mich im Laden um und entscheide mich mal vorläufig für zwei leicht zu transportierende Spezialitäten: ein Glas scharfen Hopfensenf und ein Glas der höchst arbeitsintensiven Rarität Hopfenspargel. Das sind wunderbare, in Essig eingemachte Hopfensprossen. Hab sie längst gegessen, während ich dies schreibe. Als erfrischende Beilage zu Bratkartoffeln und Bio-Rindsgeschnetzeltem. Sehr empfehlenswert, aber nicht ganz billig.



Zu guter Letzt noch zwei Heimweg-Bilder


Demnächst: Humpencurling, Rudelschnupf & Hopfenzapfen – Teil 2: Der Hopfentropfen-Hof.