You are currently viewing «Die beste Ausbildung im Lebensmittelbereich!»
Der Weg vom Appenzeller Bier und an diesem Tag auch meiner

«Die beste Ausbildung im Lebensmittelbereich!»

Zwei junge Biermenschen führen mich durch ihren Arbeitsort und stecken mich mit ihrer Begeisterung für ihren Beruf ein bisschen an.

Schroten – maischen – läutern – kochen – kühlen – lagern – filtrieren – abfüllen – etikettieren – verpacken: Jon führt mich entlang des Produktionsprozesses durch den Standort am Brauereiplatz, direkt neben dem Besucherzentrum Brauquöll. Die historische Brauerei befindet sich seit 1886 im Besitz der Familie Locher und wird von dieser voll und ganz mit Stolz geführt. Das Besucherzentrum und die Produktionsanlagen wurden und werden renoviert, wobei Tradition und Moderne eindrucksvoll miteinander verknüpft werden. Wenn alles kommt, wie es soll, wird in diesem Jahr das neue Besucherzentrum am Brauereiplatz eröffnet. Doch dazu mehr in einem anderen Beitrag. Zurück zu meiner Reise durch die Bierherstellung in Appenzell: Ich sehe verschiedenste Gefässe und frage die Auszubildenden nach Inhalt und Funktion. Es sind Gärbottich, Läuterbottich, Würzepfanne. Mein Rundgang startet im Sudhaus. Es riecht nach Maische, ein angenehm süsslicher Duft steigt mir in die Nase. Nun wartet auch schon unsere erste Arbeit für heute, den Hopfen für den nächsten Sud zugeben. Jon hat diesen bereits abgewogen und zeigt ihn mir. Er duftet intensiv blumig und fruchtig. Später erklärt er mir, dass er dem Bier das charakteristische Aroma verleiht und für Bittere und Haltbarkeit sorgt. Anschliessend folgen wir der Würze, die einmal Bier wird, entlang des Produktionsprozesses in den Gär- und Lagerkeller. Mittlerweile lagert das Bier dort in Metalltanks, nicht mehr in Holzfässern. Die sind in den Whiskykeller gewandert.

Im Gärkeller der Brauerei ist nun auch die Hefe zum Bier dazu gekommen. Nun darf es in Ruhe reifen, bis der Braumeister es nach vier bis sechs Wochen begutachtet und verkostet. Ist er zufrieden, darf es abgefüllt werden. Jon erzählt mir, dass die Reinigung der Tanks im alten Keller unter anderem eine Aufgabe von Lernenden ist. D.h. sie «schlupfen» die Tanks und putzen dabei das Innere. So, wie es ihre Vorgänger vor Jahrhunderten mit den Holzfässern auch machen mussten.

Handwerk, Hektoliter und viel Herzblut

Der 16-jährige Jon ist einer dieser Lernenden und im ersten Lehrjahr als «Lebensmitteltechnologe/-login EFZ in Fachrichtung Bier». Da es in der Schweiz keine Ausbildung «Brauer/in» mehr gibt, ist dies die Ausbildung für diejenigen, die Bierbrauen zu ihrem Beruf machen möchten. Jon ist in der Region aufgewachsen und für ihn war klar, dass er bei einer der ansässigen Firmen seine Lehre machen möchte. Nach dem Schnuppern in der Brauerei Locher war für ihn ebenso klar: «DAS möchte ich machen!» «Seine Begeisterung zeigte sich bereits bei der Schnupperlehre», sagt Nadia Mettler, Personalverantwortliche der Brauerei über diese Schlüsselbegegnung. Von Jon stammt auch das Zitat im Titel dieses Textes. Da haben sich ein Betrieb und ein Lernender wahrlich gefunden. Jon erklärt mir den Produktionsprozess mit vor Begeisterung leuchtenden Augen. Er erzählt mir von technischen Details der Bierherstellung, denen ich als Laie kaum folgen kann, dennoch verstehe ich nun dank seinen leidenschaftlichen Ausführungen mehr vom (Appenzeller) Bier als vorher.

Am Brauereiplatz wird trotz vieler maschineller Prozesse das Brauerei-Handwerk gepflegt. Viele Arbeitsschritte werden von Hand gemacht. Deshalb sind die Lernenden im ersten Lehrjahr an diesem Standort und lernen den Beruf quasi «von der Pike auf», was in anderen Brauereien, die nur noch industriell produzieren, nicht mehr möglich ist. Am Brauereiplatz werden die speziellen Biersorten hergestellt: Das Bschorle, Ginger Beer, Weizenbier oder Sour Beer zum Beispiel. «Am meisten produzieren wir hier Bschorle und Ginger Beer», sagte Jon stolz zum mir. 

Zwei Standorte, viele Möglichkeiten

Wenn mich die Grösse der Gefässe und das Produktionsvolumen am Brauereiplatz schon beeindruckt haben, erscheint das am Standort Mettlen alles nochmal eine Nummer grösser. Eigentlich sei hier alles gleich wie am Brauereiplatz, «nur halt grösser und maschineller», scherzt Damian. Hier wird vor allem das beliebte Quöllfrisch in alle erhältlichen Gebinde abgefüllt.  

Damian ist der Lernende im zweiten Lehrjahr, der mich an einem anderen Tag durch seinen Arbeitsort führt. Ebenfalls mit leuchtenden Augen erzählt er mir vom Vorteil der zwei Standorte der Brauerei Locher: «Wir lernen sowohl die moderne Bierproduktion kennen, haben aber auch das Handwerk gelernt, sozusagen mit unseren eigenen Händen Bier gebraut.» Somit sind sie nach der Lehre für alle Herausforderungen der Brauwelt gewappnet.

Auch Damian nimmt mich mit auf die Reise entlang des Produktionsprozesses. Der 21-jährige geht in seinem Bericht mehr ins Detail, erzählt von «Alphasäure», von der richtigen Mischung von Hopfen und Malz, von Qualitätskontrollen. Die Ausbildung zum Lebensmitteltechnologen ist seine zweite. Nachdem er Bäcker/Konditor abgeschlossen hatte, wollte er «unbedingt im Lebensmittelbereich bleiben, aber etwas Anderes, Vielfältigeres lernen». Die Vielfältigkeit der Ausbildung erwähnen beide jungen Männer mehrmals. «Lebensmitteltechnolog/innen EFZ in Fachrichtung Bier» haben nach der Lehre mehr Möglichkeiten als zum Beispiel diejenigen, die sich auf Süssgetränke spezialisieren.

Die Ausbildung gibt Einblick in verschiedene Branchen, da sich die Lernenden erst im zweiten Lehrjahr auf ihr Fachgebiet spezialisieren. Ihre Fächer heissen: Hygiene, Maschinenkunde, Rohstoffkunde, Verfahrenstechnik, Ernährungslehre. Dazu kommen Chemie, Physik und Biologie.

Begeistert vom Bier

Welche Eigenschaften und Fähigkeiten denn für diesen Beruf wichtig seien, will ich von beiden Lernenden wissen. Jon sagt, dass man einen guten Geschmackssinn brauche, und man gut in Naturwissenschaften und Mathe sein müsse. Für Damian ist klar, dass die Freude am Lebensmittel, die Begeisterung für das Endprodukt das Wichtigste ist. Die Ausbildung dauert drei Jahre, die Schule wird am Strickhof in Wädenswil besucht und ist in Blöcke à 3 Wochen aufgeteilt. Gemäss Damian ist das zweite Lehrjahr das intensivste. Während der Ausbildungszeit werden noch überbetriebliche Kurse besucht im Rahmen von einem Mälzereipraktikum in Deutschland, Hopfenexkursion oder mehr Informationen zum Offenausschank und den Schankanlagen.

Die Lernenden nehmen jeweils mit dem Lehrmeister an der Tischmesse in Appenzell teil, welche jeweils im November stattfindet.

Damian serviert mir zum Abschluss ein frisch gezapftes Sonnwendlig vor dem Pasteurisieren. Es schmeckt unglaublich frisch, ein bisschen mineralisch und es ist eiskalt. «Siehst du, DAS fasziniert mich: Aus verschiedenen Rohstoffen stellen wir nach traditioneller Methode ein so feines Produkt her! Je nach Sorte setzen wir verschiedene Malze und Hopfen ein. Am Schluss haben wir somit eine riesige Vielfalt an Bieren.»

Weitere Informationen über die Ausbildung bei der Brauerei Locher findet ihr hier: Klick.

Schreibe einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.