Nachdem Gallus die Obrigkeit verleumdet und Nachbarn geschlagen hatte, wurde er zum Tod verurteilt und am 14. August 1613 geköpft. Mit seinem Nachlass wurde die «Raathstuben schön vertäffelt».
Mich schaudert. Blutgeld. Wofür steht das genau? Ich denke an besudeltes, schmutziges Geld. Gar nicht so falsch, meine erste Assoziation. Als Blutgeld wurde nämlich einerseits «Sühnegeld» bezeichnet, das ein Mörder den Angehörigen des Opfers zu zahlen hatte oder auch Geld, das jemand erhielt, der andern half, einen Mord durchzuführen. In unserem Fall geht es um den Nachlass eines öffentlich hingerichteten Mannes in Appenzell. Doch der Reihe nach.
18. März 1560
Freitagnachmittag, kurz bevor die Kirchenglocken zwei Mal schlagen. Schreie werden laut, Frauen stieben aus den Häusern, Kinder scheuchen vom Spiel am Brunnen auf und Männer bilden wild gestikulierend Eimerketten. Feuer! Es brennt in Appenzell.

Das Feuer breitet sich rasend schnell aus, frisst sich durch Wohnhäuser, über Firste bis hin zum Schwesternhaus und verschling letztendlich auch die Kirche mitsamt den Glocken, denen die beiden Glockenschläge verwehrt worden sind. Eine Frau habe beim Buttersieden das Haus verlassen, mit der Nachbarin geschwatzt. Zu lange anscheinend, denn die Butter lief über, das Feuer flackerte auf und griff schnell um sich. Die Folgen fatal. Ein Mann verliert sein Leben. Die Flammen verschlingen 135 Wohnhäuser, die Kirche, das Rathaus.
Die Appenzeller sind ein schaffiges Volk. Aufbauen, zimmern, täfern, einrichten. Auch ein neues Rathaus wird geplant. Aber wie heute, versickert auch damals Geld für die «Dauersanierung». Nach mehr als 20 Jahren immer noch kein Täfer im Grossstadtsaal. Kam es da vielleicht gelegen, dass 1613 Gallus Locher – ein Vorfahre von Karl – zum Tod verurteilt wurde und fast sein ganzes Hab und Gut dem Staat zufiel? Reine Mutmassung natürlich. Gallus hatte die Obrigkeit verleumdet, Nachbarn bedroht und geschlagen. Alle Rüge nützte nichts und so wurde Gallus Locher am 14. August 1613 am Galgen beim Ried geköpft. Ein Beschluss wurde gefasst: «Man sol mit disem geltt, wie es der zwifache Raath geordnet hat, die grosse Raathstuben schön vertäffeln lassen.» Deshalb ziert jetzt Täfer aus Locher-Blutgeld den Grossstadtsaal. Nicht grad rühmlich. Aber immerhin schön anzusehen.